Unsere Historie
Kaum zu glauben – bereits seit 1924 besteht unsere Kleingartenanlage „Oberer Damm“ und stand von Beginn an auch oft unter den Einflüssen der jeweiligen Zeit, eng verbunden mit dem jeweiligen Geschehen in unserer Stadt Berlin. Anlass genug, an dieser Stelle einen kurzen Abriss unserer Historie aufzuzeigen.
Das Jahr 1924 stand für viele Berliner/-innen auch knapp 6 Jahre nach Ende des 1. Weltkrieges noch immer im Zeichen des sinnbildlichen Überlebens. Armut, Hunger, schlechte Wohnbedingungen und damit einhergehend auch Krankheiten – der breiten Masse der Berlinerinnen und Berliner erging es zu dieser Zeit nicht gut.
So nahm das Deutsche Rote Kreuz (DRK) eine erstmals 1901 mit Erfolg umsetzte Idee von sogenannten „Arbeitergärten des Roten Kreuzes“ wieder auf, Arbeiterfamilien Pachtland zum Gemüseanbau, zur Kleintierzucht, zum Aufenthalt an der frische Luft (erinnert sei an die seinerzeit oft üblen Wohnumstände mit feuchten und kalten Wänden sowie hoffnungsloser Überbelegung) und auch zur Erholung zur Verfügung zu stellen. So sollten die Lebensumstände wenigstens einiger Familien verbessert werden. Der bereits seit Mitte des 19. Jahrhunderts bekannte konzeptionelle Ansatz des Leipziger Arztes M. Schreber (1808-1961) spielte dabei eine große Rolle. Der Begriff des „Schrebergartens“ ist heute weitläufig bekannt.
Mit dieser Erfahrung schuf das DRK, „Bezirk Süd“, 1924 die Voraussetzungen für ein ca. 44 Hektar großes Pachtlandareal mit 1.146 Parzellen in 22 Kolonien. Gelegen zwischen dem 1906 fertig gestellten Teltowkanal, den „Späthschen Baumschulen“ und Ligusterweg. Konkret ging es um die Pachtung sog. „Restflächen“ aus dem Bau des Teltowkanals. Der Boden war typisches Acker- und Wiesenland.
Hier entstand also unsere KGA „Oberer Damm“, erstmals in der DRK-Chronik von 1930 erwähnt und 114 Parzellen groß. Erster Obmann war seinerzeit Fritz Liedtke.
Der Name „Oberer Damm“ kann sich aus der damaligen Topografie im Umfeld des Baugeschehens des Teltowkanals abgeleitet werden, als eben innerhalb der Bauphase ein sog. „Oberen Damm“ zur Wasserrückhaltung angelegt wurde.
Mit unseren heutigen Gewohnheiten hatte das seinerzeitige Gärtnern wenig zu tun – das Areal stand ohne Wasser- oder gar Stromanschluss dar und auch die Lauben waren zumeist einfache Bretterhütten, die lediglich vor Regen schützten und den notwendigen Gartenwerkzeugen einen Unterstand gewährten.
In den Folgejahren entwickelte sich ein (aktives) Kleingartenwesen auf einfachem Niveau, auch ein aktives Vereinsleben entstand. Einen Meilenstein in der Entwicklung war die Erschließung mit Strom (Freilandleitungen) in den Folgejahren.
Einen Einschnitt in die gewohnten Strukturen erlebte das Kleingartenwesen nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten ab 1933. Vorher demokratisch gewählte Vorstände wurden abgeschafft, systemtreue Stellen innerhalb der Kleingartenanlagen geschaffen und die Kleingärtner im „Reichsverband der Kleingartenvereine Deutschlands“ zwangsorganisiert. Debatten in Versammlungen wurden verboten, Entscheidungen traf allein ein Vereinsführer. Man wollte auch im Kleingartenwesen nichts dem „Zufall“ überlassen…
Infolge des Beginns des Zweiten Weltkrieges mussten ab September 1939 auch in Kleingartenanlagen sog. Splittergräben ausgehoben werden und die Verdunkelungspflicht wurde angewiesen (Strom für elektrisches Licht lag ja schon an).
Nur wenige Jahre später erlangte das Kleingartenwesen wieder den ursprünglichen Sinn – als „Überlebensstrategie“….
Die allgemeine Versorgungslage verschlechterte sich zusehends mit Beginn des vierten Kriegsjahres. Zudem begannen 1943 die Flächenbombardements der Alliierten auf Berlin in deren Folge hunderttausende Berliner/-innen wohnungslos wurden. Treptow und Johannisthal bildete bei den Bombardierungen ein strategisch wichtiges Zielgebiet – u.a. Wasserwerk und Flugplatz Johannisthal sowie der Schwermaschinenbau in Oberschöneweide.
In dieser Zeit entstanden auch die Nutzungen als Dauerbewohner – ausgebombte Menschen ohne Hab und Gut ließen sich eben in ihren Parzellen oder denen von Freunden und Bekannten nieder. Wieder wohnte man auf bescheidenem Niveau, in beengten Verhältnissen in kargen Hütten, ohne fließendes Wasser. Kalt war es zudem von Oktober bis Mai. Aber zumindest war man am Leben.
Mit der Kapitulation des „Dritten Reiches“ begann sich dann aber auch das Leben in Berlins Kleingärten ab Mai 1945 wieder zu normalisieren, neu zu organisieren. Unsere Anlage lag nun in der sowjetischen Besatzungszone, in unmittelbarer Nachbarschaft zur englischen auf der Neuköllner Seite des Teltowkanals.
Mit dem Befehl Nr. 2 ließ die Sowjetische Militäradministration am 02. Juni 1945 auch den „Zentralverband der Kleingärtner und Kleintierzüchter“, kurz VKSK, wieder zu. Die sowjetischen Besatzungstruppen stellten weitere Ackerflächen zur gärtnerischen Nutzung zur Verfügung. Es ging in diesen Jahren einfach ums nackte Überleben zig tausender Menschen – es gab schlichtweg sonst nur wenige Alternativen dazu.
Einen Höhepunkt erlebte unsere Anlage dann 1957/58 mit dem Anschluss an das öffentliche Trinkwassernetz. Bis dahin hieß es, Regenwasser optimal zu nutzen.
Als im August 1961 Berlin-Ost und Berlin-West endgültig getrennt wurden, geriet unsere Anlage erneut in das Spannungsfeld der Weltgeschichte. Denn mit der Errichtung der Sperranlagen und späteren Berliner Mauer lagen etwa 2/3 aller Gärten unserer Anlage im sogenannten Sperrgebiet unmittelbar hinter dem Grenzstreifen. Also einem Gebiet mit erhöhter Sicherheitsanforderung, dessen Zugang genau erfasst und im Vorfeld auch per „Passierschein“ beantragt werden musste. Um die Zeit bis 1989 ranken sich einige wirklich interessante Anekdoten, die aus dem Leben als Kleingärtner im Sperrgebiet erzählen…. Einige Eckdaten aus dieser Zeit:
- 1969 – 1972: stetiger Aufbau des Vereinsheimes
- 1975 – 1976: Neuverlegung der Trinkwasserleitungen (viele Rohrbrüche führten zu diesem Schritt)
- 1978 – 1982: Ausbau des Vereinsheimes in der heutigen Form
Wie damals üblich, erfolgte natürlich viel in Eigenleistung!
Mit dem Mauerfall am 09. November 1989 begann für unsere Kleingartenanlage quasi die 4. Zeitrechnung. Wieder galt es in dieser Zeit viel Neues zu gestalten und umzusetzen. Der VKSK ging in den uns heute gut bekannten „Verband der Gartenfreunde“ auf, zeitgleich mussten viel Fragen geklärt werden:
- Eigentumsverhältnisse
- Pachtentwicklung
- Bestandsschutzregelungen
- Wasser-, Abwasser- & Müllregelungen inkl. derer Gebühren
- Auswirkungen öffentlicher Lasten
- Beitragsabrechnungen
- neue kleingärtnerische Regelungen, wie z.B. Pächterwechsel
Für die Protagonisten des Vorstandes war es damals keine einfache Zeit „in der neuen Freiheit“. Aber letztendlich kam die KGA auch wieder in der heutigen „neuen Zeit“ an.
Sicher ist: Die Geschichte wird weiter geschrieben….